The Design of Future Things

Cover Design of Future Things

Cover Design of Future Things

„The Design of Everyday Things“ von Don Norman ist der Klassiker, den meine Kollegin Joanna Oeding vor einigen Tagen hier im Blog vorgestellt hat.

Im Folgenden möchte ich ein weiteres Buch von Norman empfehlen, das diesen Titel ideal ergänzt: The Design of Future Things.

Darin befasst sich der Vordenker der Usability damit, wie wir unsere zukünftigen smarten Technologien so gestalten, dass wir sie überleben. Denn „intelligente“ Autos z.B. bergen ein hohes Unfallpotenzial, wenn wir mit ihnen nicht zurechtkommen. Ebenso Industrieroboter oder auch Haushaltsroboter – schon heute sind Haushaltsunfälle in der Tagesordnung, auch ohne komplexe Maschinen, die vielleicht meinen, es besser zu wissen als wir.

Ein ganz wichtiger Satz steht gleich auf den ersten Seiten:

Wir müssen unsere Technologien danach designen, wie sich Menschen tatsächlich verhalten, nicht danach, wie wir uns ihr Verhalten wünschen.

Das ist der Kernpunkt von Normans Design-Philosophie, die man auch schon aus The Design of Everyday Things kennt. Sehr viel mehr bietet das neue Buch auch nicht, und doch lohnt die Lektüre. Denn Norman ist ein großartiger Erzähler. Er schreibt so, dass man das Fachbuch fast liest, wie einen Roman. Seine Beispiele sind aus dem Leben gegriffen und immer amüsant. Sie sind prima, um sie weiterzuerzählen und sie verdeutlichen manche Probleme besser, als seitenlange Erklärungen es könnten.

Selbst wer in Englisch nicht so fit ist, wird das Buch ohne Mühe lesen – die Sprache ist einfach und leicht zugänglich, Fachwörter fallen wenig.

Und auch wenn das Buch schon ein paar Jahre alt ist: Es ist aktuell wie nie, denn es geht darin um allgemeine Konzepte und Prinzipien, nicht um einzelne technische Details.

Schwerpunkt des Buches sind zwei Themen:

  1. Automobile
  2. Smart Home

An diesen beiden Bereichen zeigt Norman, was Unternehmen und Universitäten derzeit planen, woran geforscht wird – und welche Irrwege man dabei nehmen kann. Das lässt sich auf viele andere Bereiche der Technologie übertragen. Und es hat den Vorteil, dass hier jeder mitreden kann, dass man sich alle Beispiele selbst gut vorstellen kann.

Smart Home – Hoffnung oder Horror?

Norman schreibt:

Unternehmen wollen unser Zuhause in ein automatisiertes Monster verwandeln, das immer nach unserem Besten sieht, uns alles bietet, was wir brauchen oder wünschen – noch bevor wir überhaupt wissen, dass wir es brauchen oder wünschen.

Derzeit ist die ganze Intelligenz im Kopf der Designer, die die Produkte entwerfen. Sie versuchen alles vorwegzunehmen, was passieren kann.

Norman argumentiert, wir bräuchten weniger autonome intelligente Systeme, die versuchen, alle unsere Handlungen und Wünsche vorherzusagen, uns Aufgaben komplett abzunehmen. Er meint, wir bräuchten statt dessen mehr unterstützende Systeme (augmentation), die uns helfen, eine Aufgabe zu erledigen, die wir gerade begonnen haben.

Die intelligente Küche sollte uns also besser nicht um 20 Uhr das Abendessen auf den Tisch stellen und die Tagesschau im Fernseher anschalten. Sie sollte eher beobachten, dass wir um 19 Uhr Essen aus dem Kühlschrank holen und uns ein paar Vorschläge machen, was man mit den Zutaten kochen könnte, den Timer stellen, damit uns die Nudeln nicht verkochen und den Weißwein rechtzeitig kalt stellen – oder besser noch, uns fragen, ob wir heute Wein oder Bier trinken wollen.

Norman spinnt auch einige Ideen schön weiter. Im Buch findet sich z.B. ein fiktiver Dialog zwischen ihm uns seinem intelligenten Haus, das sich ein Upgrade wünscht, weil das Nachbarhaus das auch schon hat – klingt zunächst komödiantisch. Und doch ist die Idee gar nicht so absurd. Denn der Vergleich mit den Nachbarn wäre eine gute Möglichkeit, best-practices sicherzustellen und beim Benchmarking nicht abgehängt zu werden.

Ein wichtiger Aspekt ist auch, dass intelligente oder lernende Systeme keine Einbahnstraße sein sollten.
Komplexe Geräte werden ebenso trainiert, wie wir trainiert werden, diese Geräte zu benutzen. Deshalb ist es so entscheidend, dass wir über die Maschinen bescheid wissen, dass sie unser Lernen unterstützen.

Kommunikation zwischen Maschine & Mensch

Norman betont immer, wie wichtig Kommunikation ist. Nur durch Kommunikation fühlen wir uns wirklich unterstützt, nicht bevormundet. Denn das ist derzeit eines der großen Probleme: Viele Menschen sind komplexen Technologien gegenüber sehr kritisch. Denn sie haben die Erfahrung gemacht, dass die Maschinen ihnen viele Aufgaben abnehmen, ohne zu verraten, warum sie das tun, was sie tun. Das fühlt sich nicht gut an, wenn alles funktioniert wie vorgesehen. Aber sobald es Probleme gibt, ist das Vertrauen in die Maschine dahin. Wir wissen nicht, was sie tut und warum, daher misstrauen wir ihr.

Die einzige Lösung für dieses Problem ist bessere Kommunikation.

Eine wichtige Rolle bei der Kommunikation spielen Geräusche. Geräusche sind am hilfreichsten, wenn sie natürlich auftreten. Ein Kessel mit Wasser macht Geräusche, die uns verraten, wie weit das Wasser ist.
Eine Pfeife auf dem Kessel hilft, auch sie erzeugt einen Ton, der natürlich ist, weil der zugrundeliegende Prozess ihn hervorbringt. Der Ton beginn leise und wird immer lauter, während das Wasser immer stärker kocht.

Die Pieptöne, welche die meisten Geräte heute von sich geben, sind dagegen problematisch. Denn sie sagen nichts über den zugrunde liegenden Prozess aus. Ebenso wie einfache Lichter oder eine Vibration sagen diese Hinweise ersteinmal überhaupt nichts darüber, was eigentlich los ist.

Ist das Piep-Piep der Spülmaschine eine Bestätigung? Eine Fehlermeldung? Ein Defekt?

Auch die meisten optischen Signale, die Maschinen heute geben, sind binär: Das Lämpchen leuchtet oder eben nicht. Das kann heißen, etwas funktioniert – oder dass etwas gerade nicht funktioniert. Die rote Lampe bedeutet, der Fernseher ist an. Oder sie bedeutet, der Fernseher ist im Standby. Oder sie bedeutet, der Fernseher hat kein Signal. Wir müssen lernen, welche Maschine was mit dem jeweiligen Signal meint.

Norman sieht Feedback als notwendig für:

  • Bestätigung, dass alles in Ordnung ist bzw. bearbeitet wird
  • Anzeige, wie lange etwas noch dauert
  • Lernen
  • Mitteilung von Problemen
  • Bestätigung von Eingaben
  • Steuerung von Erwartungen

Er schreibt, dass ein großes Problem darin liegt, den Übergang zur Zukunft mit intelligenten Maschinen zu schaffen.

Die manuelle Steuerung von Autos durch Menschen ist gefährlich. Die vollautomatische Steuerung durch Computer wird viel sicherer sein. Das große Problem liegt im Übergang dieser zwei Extreme – hier sind große Potenziale für Missverständnisse, Fehler und tödliche Unfälle.

Um diese zu vermeiden, sollten wir uns an Normans 6 Design-Regeln halten:

  1. Sehe aussagekräftige und natürliche Signale vor.
  2. Sei vorhersehbar.
  3. Schaffe ein gutes mentales Modell.
  4. Gebe verständliches Feedback.
  5. Mach stets klar, wie der aktuelle Zustand ist (ohne zu nerven).
  6. Nutze natürliche Analogien, um die Interaktion verständlich und effektiv zu machen.

Und noch ein Zitat von Norman möchte ich Ihnen mit auf den Weg geben:

Wenn wir heute Automation und Intelligenz in unsere Maschinen einbauen, dann müssen wir bescheiden vorgehen und wir müssen mögliche Probleme vorhersehen – und die Möglichkeit, dass Aktionen fehlschlagen.

Portraitfoto: Jens Jacobsen

Jens Jacobsen

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