This is Service Design Doing

Cover This Is Service Design Doing

Dieses Buch beeindruckt. Durch Dicke, durch Inhalt, durch Substanz. Jeder, für den UX auch nur am Rande eine Rolle spielt, kann davon profitieren. Auch wenn man erstmal denkt, dass dieses Buch mit Usability und UX gar nicht so viel zu tun hat. Das Gegenteil ist der Fall. Es hat zwar wenig damit zu tun, wie Elemente auf einer Website gut angeordnet werden oder wie ein nutzerfreundliches Formular aussieht. Aber dafür hat es um so mehr damit zu tun, wie man nutzerzentriertes Design macht.

Das Buch ist der Nachfolger zum Titel “This Is Service Design Thinking”. Der ist auch lohnend, hier geht es aber etwas theoretischer zu. Im Vorläufer findet man sozusagen die Grundlagen, die Theorie hinter den Methoden. “This is Service Design Doing” dagegen ist ein reines Praxisbuch.

Das merkt man schon an der Entstehungsgeschichte: 4 Autoren bzw. Herausgeber haben an dem Buch geschrieben, 96 Ko-Autoren haben Beiträge dazu beigesteuert (vor allem Fallbeispiele) und 205 weitere Experten haben Korrektur gelesen, Ergänzungen gemacht und Verbesserungen vorgeschlagen.

Dementsprechend lang hat es auch gedauert, bis das Buch fertig war – knapp 4 Jahre. Aber man merkt es, dass hier nicht ein Werk mit 569 Seiten vor einem liegt, das in einem Rutsch entstanden ist. Sondern dass es vielmehr entstanden ist wie andere hervorragende Produkte auch: iterativ, im Team, mit regelmäßigem Feedback aus der Zielgruppe.

Beispielseite aus dem Buch Service Design Doing

Solche schön gestalteten Seiten lockern das Buch auf und sorgen dafür, dass man es immer wieder gern in die Hand nimmt.

Was genau ist Service Design?

Der Begriff Service Design geistert seit Längerem durch die Szene, doch viele wissen nicht so genau, was damit gemeint ist. Er kommt natürlich aus dem Bereich der Services, der Dienstleistungen, bei der man direkten Kundenkontakt hat. Beim Service Design, wie ihn die Autoren des Buchs verstehen, geht es aber um viel, viel mehr. Sie meinen, dass man letztlich jedes Produkt als Service auffassen kann:

Eine Bahnfahrt. Den Einkauf im Lebensmittelladen. Eine Stunde Gesangsunterricht. Den Friseurbesuch. Einen Krankenhausaufenthalt. Aber natürlich auch das Nutzen einer Software, einer Website oder einer App.

Es geht beim Service Design letztlich darum, das, was ein Unternehmen anbietet, aus Sicht des Kunden zu sehen und so zu verbessern, dass dieser am Ende zufrieden ist. Dabei kommen klassische Methoden aus dem nutzerzentrierten Design zum Einsatz, aber auch Methoden, die man als UXler eher nicht auf dem Schirm hat. Gerade diese können unser Set an verfügbaren Werkzeugen bereichern.

Die Definition der Autoren von Service Design ist:

Service Design ist Menschen-zentriert, gemeinschaftlich, interdisziplinär und iterativ. Dieser Ansatz nutzt Research, Prototyping und eine Reihe leicht verständlicher Aktivitäten und Visualisierungstechiken. Damit werden Erfahrungen geschaffen und koordiniert, welche die Anforderungen des Unternehmens, der Nutzer und anderer Stakeholder erfüllen.

Wie ist das Buch aufgebaut?

Nach der lohnenden Einführung beschreiben die Kapitel „Why Service Design“ und „What Is Service Design“ die Grundlagen. Dann geht es zur Sache mit Kapiteln zu den Methoden. Darunter zum Beispiel:

  • Personas
  • Journey Maps
  • System Maps (wie z.B. die Stakeholder Map)
  • Service Prototypes
  • Business Model Canvas

Es folgen Kapitel zu Research und zu Ideation, sowie zu Prototyping und Implementation.

Darstellung Buchseite This is Service Design Doing

Eine typische Seite aus dem Buch. Wichtige Stellen sind hervorgehoben, Expertenkommentare vermitteln Hintergrundwissen und in Fußnoten versteckt sich interessanter, weiterführender Inhalt.

Und schließlich runden vier Kapitel das Buch ab, in dem es um den Service Design Prozess geht, um’s Durchführen der einzelnen Workshops und darum, wie man Service Design in der eigenen Organisation verankert.

Von der Struktur her ist das noch nichts Besonderes, aber der Inhalt ist wirklich extrem hochwertig. Die Autoren kommen genau auf den Punkt, beschreiben alles so ausführlich, dass man es gut versteht. Und verzichten dabei auf Füllmaterial und machen nicht mehr Worte als nötig.

Die Praxisbeispiele sind hervorragend, und man bekommt hier nicht nur Einblick in ein paar unbekannte Unternehmen. Vielmehr liest man über Airbus, IDEO, E.ON, Adaptive Path, Vodafone, Coca Cola, Google oder das Thailand Creative & Design Center. Dabei sind weniger die großen Namen beeindruckend als der Aufwand, der hier teilweise für Research, Ideen-Workshops und Prototypen betrieben wird. Sehr inspirierend und auch als Argumentationshilfe gut zu gebrauchen.

Wer sollte das Buch lesen?

Das Buch muss man nicht lesen. Aber man sollte darin lesen, denn es lohnt sich, zu wissen, was darin steht. Hat man dann ein konkretes Projekt, wird man es zur Hand nehmen und die Kapitel lesen, die dafür relevant sind.

Das Buch hilft also, auf Ideen zu kommen, welche Methoden man wann am besten wie einsetzt. Und dann dabei, die jeweilige Methode optimal vorzubereiten, anzuwenden/durchzuführen sowie die Ergebnisse aufzubereiten und von da aus weiterzuarbeiten.

Ob man Usability-Berater ist, UX-Designer, Product Owner, Marketing-Verantwortlicher oder Customer Experience-Experte – für alle diese Fachleute lohnt es sich, dieses Buch zu kennen.

Zum Abschluss noch ein mein Lieblingszitat aus dem Buch:

Many service design tools are mind hacks that help us reframe problems in a way that humans can handle better.

Begleitend zum vorgestellten Buch gibt es übrigens noch das Buch “This Is Service Design Methods”. Darin sind alle Methodenkarten gesammelt, die für die tatsächliche Durchführung der jeweilige Methode nochmal alles Praxisrelevante knapp und übersichtlich versammeln. Die gleichen Inhalte kann man aber kostenlos auch online abrufen: https://www.thisisservicedesigndoing.com/methods.

Portraitfoto: Jens Jacobsen

Jens Jacobsen

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