Mental Models – Aligning Design Strategy with Human Behavior

Bei der Produktentwicklung sollte immer der Nutzer im Vordergrund stehen. Wahrlich keine neue Erkenntnis für jeden, der sich schon einmal mit Usability bzw. User Experience beschäftigt hat. Doch woher weiß ich, was der Nutzer wirklich will? Indi Young beschreibt in ihrem Buch Mental Models eine Methode, mit der Produkte wirklich passgenau auf die Bedürfnisse der Nutzer zugeschnitten werden können.





Mental Model: setzt Nutzerverhalten in Beziehung zu Produktfunktionen

Eigentlich sind die Mental Models von Indi Young nur eine Möglichkeit, Daten darzustellen, nämlich in einem Diagramm. In der oberen Hälfte findet sich das Verhalten der Nutzer in einem bestimmten Kontext, beispielsweise beim morgendlichen Aufstehen. Hier sind also alle Tätigkeiten, Motivationen, Philosophien und Emotionen aufgeführt, die Nutzer in dieser Situation beschäftigen. Die untere Hälfte enthält alle Funktionen des interessierenden Produktes. Diese sind so angeordnet, dass sie direkt in Beziehung zum Verhalten der Nutzer gesetzt werden.

Es entsteht ein perfekter Überblick darüber,…

  • welche Bedürfnisse der Nutzer durch welche Produktfunktionen unterstützt werden.
  • welche Bedürfnisse das Produkt bislang nicht unterstützt (Gap Analyse).
  • welche Funktionen des Produktes gar nicht gebraucht werden, da sie kein Bedürfnis der Nutzer erfüllen.


Abb. 1: Mental Model Diagramm zum Thema „Aufstehen“.

Abb. 1: Mental Model Diagramm zum Thema „Aufstehen“.

Interviews: der Nutzer übernimmt die Führung

Doch wie erfahren wir die Bedürfnisse der Nutzer? Laut Indi Young am besten durch Interviews, die komplett vom Nutzer geleitet werden. Bei dieser speziellen Art der Interviewführung gibt es keinen Leitfaden, der Nutzer wird einfach aufgefordert, von seinen Erfahrungen zu berichten. Die Aufgabe des Interviewers klingt simpel: Er muss lediglich in Imitation eines Vierjährigen nach jeder Aussage des Nutzers „warum?“ fragen, und zwar so lange, bis er alle hinter einer Handlung stehenden Motive oder Philosophien aufgedeckt hat.

Was sich in der Theorie so einfach anhört, birgt in der Praxis allerdings einige Fallstricke. Welche das sind und wie man sie umgehen kann, beschreibt Indi Young anschaulich in zwei Kapiteln, die sich ausschließlich mit der Interviewführung und -vorbereitung beschäftigen.

Hilfreich: viele Praxistipps und Beispiele

Auch die anderen Schritte zum Erstellen eines Mental Model Diagrammes werden ausführlich und anhand verschiedener Praxisbeispiele erklärt. Dabei geht Indi Young nicht nur auf den Idealfall ein, sondern beschreibt auch, welche Schwierigkeiten auftreten können und wie man diese lösen oder gleich vermeiden kann.

Aber nicht nur (Usability/UX) Designer, auch Manager und Projektplaner finden nützliche Tipps und Informationen, z. B. zur optimalen Teamzusammensetzung und natürlich zu den Kosten. Und für alle, die nun Blut geleckt haben, deren Vorgesetzte oder Kunden aber momentan nicht die Kapazitäten für ein solches Projekt haben, liefert Indi gleich mehrere Abkürzungen zur Erstellung eines quick and dirty Mental Model Diagrammes. Nichtsdestotrotz handelt es sich um eine zeit- und kostenintensive Vorgehensweise, die am besten im Rahmen größerer Projekte zur Anwendung kommt.

Fazit: perfektes Handbuch zur Konstruktion von Mental Model Diagrammen

Mental Models eignet sich hervorragend als Handbuch für alle, die sich einmal in der wirklich und wahrhaftig nutzerzentrierten Gestaltung versuchen möchten. Die einzelnen Schritte sind sehr detailliert und anschaulich beschrieben. Trotzdem kommt keine Lehrbuchatmosphäre auf, im Gegenteil- Indi Youngs Schreibstil ist leicht und unterhaltsam. Auf der Buchseite finden sich zudem jede Menge Zusatzmaterialien. Ein Besuch dort ist für alle, deren Interesse an dieser außergewöhnlichen Methode geweckt wurde, sehr zu empfehlen!

Portraitfoto: Nina Kolb

Nina Kolb

Junior UX-Consultant

Alumni-eresult GmbH

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