Wie die Wirtschaft Arbeitsgefühle erzeugt
In den neunziger Jahren lernten wir im BWL-Studium, Fach Personalmanagement, folgende Gesetzmäßigkeit kennen:
Löhne können niedrig gehalten werden, wenn für hervorragende Arbeitsbedingungen (Ausstattung, Räume), herausfordernde und abwechslungsreiche Aufgaben und attraktive Weiterbildungsangebote gesorgt wird!
Unsere Professoren wollten uns angehenden Manager/-innen beibringen, dass ein Job der Selbstverwirklichung und Bestätigung ermöglicht derart viel Belohnung bietet, dass die Bezahlung zweitrangig ist.
Das Ergebnis dieser „Lehre“: Die Aussicht auf Anerkennung und Selbstverwirklichung im Job ersetzte mit der Zeit immer mehr den Wunsch nach gesicherten Arbeitsverhältnissen und diente dazu sich abzeichnende Erschöpfungszustände zu kompensieren und hinauszuzögern. Irgendwann kam dann der Höhepunkt, mit dem Ergebnis stetig steigender Anzahl an depressiven Arbeitsnehmern, bei zugleich sinkenden Reallöhnen.
Das ging dann wohl nach hinten los, jedenfalls aus Sicht der Arbeitnehmer/-innen!
Dass es auch anders (besser) gehen kann, dass beschreibt Sabine Donauer in ihrem Buch „FAKTOR FREUDE – Wie die Wirtschaft Arbeitsgefühle erzeugt“. In einer wunderbar anschaulich beschriebenen Geschichte der Arbeitsverhältnisse verdeutlicht sie uns, dass Arbeit/-innen vor 120 Jahren zwar alles andere als gute Arbeitsbedingungen hatten, dafür aber unsere Einstellung und Haltung zur Arbeit stimmte: Wir arbeiteten um zu leben.
Mit der Zeit wurde aus dem notwendigen Broterwerb immer mehr eine innerlich motivierte und motivierende Beschäftigung. Es gelang den Unternehmern/-innen und Personalmanagern/-innen die Arbeitnehmer/-innen an ihre Arbeit und „ihr“ Unternehmen zu binden, zu intrinsisch motivieren Höchstleistungen anzutreiben und ihnen sogar die Lust an Arbeitskämpfen zu nehmen.
Und all das, ohne die Löhne der Produktivität anglichen zu müssen. Genial, aus Sicht der Lehre.
Wenn da eben nicht die steigende Anzahl an „ausgebrannten“ Arbeitnehmern/-innen wäre!
Wie man aus diesem Ausweg hinauskommen kann, das stellt uns Sabine Donauer im zweiten Teil ihres Sachbuchs vor. Dabei vertritt sie die These, dass weniger mehr ist. Weniger sowohl in Bezug auf die Zeit die wir auf der Arbeit verbringen als auch weniger in Bezug auf die Zeit und die Kosten die wir für unseren Konsum aufbringen.
Ihre Überlegungen sind nachvollziehbar, stichhaltig argumentiert und ganz sicher zielführend. Für den ein oder anderen „alten“ BWL’er aber ganz sicher nicht immer zu akzeptieren. Das Buch wird gerade deshalb jede Menge Verwirrung und Veränderung beim Verhalten von Managern/-innen und Unternehmern/-innen der „alten Schule“ auslösen. Aus genau diesem Grund ist es sehr, sehr lesenswert!