Wie intuitiv bedienbar ist Ihre Website?

Interaktive Speisekarte auf einem Tablet.

Was hat denn „Intuition“ mit Usability zu tun? Ist es für die User Experience relevant, ob eine Website intuitiv bedienbar ist? Rein intuitiv beantworten Sie die zweite Frage bestimmt mit Ja. Denn User Experience umfasst nicht nur die Gebrauchstauglichkeit eines Produktes, sondern auch das gesamte Erleben des Nutzers. Und dazu zählt eben auch, inwiefern eine Website intuitiv bedienbar ist. Es lohnt sich, dass Sie sich die Fragen stellen: Ist meine Website intuitiv bedienbar? Und wie kann ich das messen?

Um zu verstehen, was Intuition alles umfasst und wie diese messbar ist, werde ich etwas ausholen, in dem ich zunächst die User Experience etwas genauer betrachte. Aufgrund der genannten Vielfältigkeit der User Experience kann es zu deren Überprüfung und Messung nicht nur einen Ansatz geben. Die folgende Grafik visualisiert die Vielschichtigkeit der User Experience und zeigt, welchen Aspekt ich herausgreifen werde – eben die Intuition, mit dem sich bisher eher selten befasst wird.

Ebenen der User Experience

Abb. 1: Ebenen der User Experience in Anlehnung an Diefenbach & Hassenzahl 2010.

WIE, WAS und WARUM

Die User Experience kann auf drei Ebenen aufgeteilt werden: WIE, WAS & WARUM. Zusätzlich gibt es eine globale Bewertungsebene, auf die ich im Folgenden jedoch nicht weiter eingehen möchte. Die WIE-Ebene befasst sich mit der Beschreibung der Interaktionsform. Dabei handelt es sich häufig um eher unbewusste Verhaltensweisen, die automatisiert ablaufen wie beispielsweise das Scrollen durch eine Liste mittels Touchscreen. Bei der Auswahl einer Lösung, wie dieses Scrollen umgesetzt werden kann (wie z. B. Slide, Spin, Slide and Hold, Fling), handelt es sich eher um eine Designentscheidung. Und auch für den Nutzer sind Fragen die WIE-Ebene betreffend, nicht leicht zu beantworten.

Die WAS-Ebene bezieht sich auf konkrete Handlungen, die bewusst erfolgen, um beispielsweise eine Website mit einem bestimmten Ziel zu nutzen. Hier wird überprüft, wie gut eine Website den Nutzer bei seiner Zielerreichung unterstützt – dabei handelt es sich meist um die klassische Usability. Hier setzt aber auch die Evaluation der intuitiven Nutzung an – der Fragebogen wird als INTUI bezeichnet (so auch in oberer Abbildung geschehen).
Der dritte dargestellte Bereich ist die WARUM-Ebene. Diese Ebene umfasst die Frage, warum der Nutzer ein Ziel erreichen möchte – deshalb die Website nutzt und eine Bestellung tätigt. Es wird davon ausgegangen, dass z. B. die Bestellung eines Produktes in einem Online-Shop unterschiedlich wahrgenommen wird, ob ich das gleiche Produkt mal eben kurz für einen Freund/Bekannten mitbestelle oder ob ich für einen geliebten Menschen nach einem Geschenk suche und eben dieses Produkt auswähle. Es wird nach dem Nutzererleben gefragt, das über die Aufgabenerfüllung hinausgeht. Der Einsatz des Intuitionsfragebogens beinhaltet auch Aspekte, die die WARUM-Ebene betreffen.

Das Konstrukt der Intuition besteht aus vier Komponenten:

  • Mühelosigkeit
  • Verbalisierungsfähigkeit
  • Bauchgefühl und
  • Magisches Erleben

Mühelosigkeit und Verbalisierungsfähigkeit beziehen sich dabei auf die WAS-Ebene. Bauchgefühl und magisches Erleben zielen auf die WARUM-Ebene ab. Der Fragebogen INTUI besteht aus gegensätzlichen Aussagen und umfasst 16 Items plus einem Item als globales Intuitionsurteil. Die Zustimmung zu den jeweiligen gegensätzlichen Aussagenpaaren erfolgt auf einer 7er Skala.

Auswertung und Interpretation

Für die Auswertung werden für jedes der 16 Items die Mittelwerte errechnet. Da die Ausrichtung positiver und negativer Aussagen im Fragebogen variiert, muss zunächst eine Umkodierung derjenigen Aussagen vorgenommen werden, deren positive Ausprägung auf der linken Seite steht. Zur Aggregation auf die vier Komponenten wird aus den Mittelwerten der jeweiligen Items wiederum der Mittelwert errechnet, so dass Sie einen Wert für Mühelosigkeit zwischen 1 und 7 erhalten usw.
Ein hoher Wert für Mühelosigkeit zeigt, dass die Interaktion mit der Website als mühelos empfunden wird und ein geringes Maß an Aufmerksamkeit erfordert. Damit weist die Komponente Mühelosigkeit eine hohe Übereinstimmung mit der klassischen Usability auf. Um auf der WAS-Ebene zu bleiben: Eine hohe Verbalisierungsfähigkeit besagt, dass der Verlauf der Interaktion gut beschreibbar und gut erinnert werden kann. Dies spricht für eine logische Abfolge der Bedienschritte.
Bauchgefühl und magisches Erleben geben Einblick in die Beurteilung der WARUM-Ebene. So steht ein hoher Wert beim Bauchgefühl für eine eher gefühlsgeleitete anstatt verstandsgeleitete Interaktion mit der Website. Das magische Erleben verdeutlicht die Erlebensqualität, diese geht über die Aufgabenerfüllung hinaus. Ein hoher Wert spricht dafür, dass die Interaktion außergewöhnlich und faszinierend wahrgenommen wird.
Die vier Komponenten sind unabhängig voneinander und ihr Einfluss auf das globale Intuitionsurteil ist unterschiedlich. Insofern besteht das Ergebnis aus fünf Mittelwerten (globales Urteil und die vier Komponenten). Die Interpretation und Bedeutung der einzelnen Ergebnisse hängt von Ihrer Website, Ihrem Sortiment und Ihren Zielen ab. Die Ermittlung der intuitiven Nutzung der eigenen Website ist somit EIN Bestandteil bei der Evaluation der User Experience. Natürlich nicht der einzige, aber hinsichtlich der Austauschbarkeit von Angeboten und Nähe zur Konkurrenz durchaus ein Instrument, welches Anhaltspunkte zur Abgrenzung liefert.

Portraitfoto: Katja Brand-Sassen

Katja Brand-Sassen

Principal User Experience Consultant

eresult GmbH

Bisher veröffentlichte Beiträge: 5

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert