Paper Prototyping – Diese Hilfsmittel bringen auch skeptische Kollegen ans Zeichnen

Smartphone und Notizbuch mit UI/UX Zeichnungen auf einem Tisch

So toll all unsere Software-Tools wie Axure&Co auch sind, gerade zu Beginn der Konzeption geht doch nichts über Stift und Papier. Paper Prototyping geht schnell, fördert die Kreativität und die Diskussion im Team und braucht keine große Einarbeitungszeit.

Was für jeden UX-Designer ganz locker von der Hand geht, wirkt für viele andere Teammitglieder erst einmal sehr einschüchternd. „Ich kann doch gar nicht zeichnen“ ist eine klassische Aussage. Zum Abbau dieser Skepsis gibt es glücklicherweise einige Hilfsmittel. Mit vorgefertigten Zeichenvorlagen und Schablonen fällt es häufig leichter, die Angst vor dem leeren Blatt zu überwinden. Ich möchte eine Reihe von guten Hilfsmitteln vorstellen, die Sie vielleicht gleich im nächsten Projekt ausprobieren können.

Warum überhaupt Paper Prototyping und Zeichnen?

Stift und Papier haben viele Vorzüge, die gerade in den frühen Phasen des UX-Designs zum Tragen kommen:

  • Paper Prototyping ist schnell und damit kostengünstig. Es können viele unterschiedliche Ansätze exploriert und in kurzen Iterationen verbessert werden.
  • Der haptische Ansatz fördert die Kreativität. Das Zeichnen hilft beim Denken und Problemlösen.
  • Beim Zeichnen ist man völlig frei. Es gibt keinerlei Einschränkungen durch eine Software. Nicht nur Interfaces können gezeichnet werden, sondern alles was gerade Sinn macht – beispielsweise Storyboards.
  • Sketches können einfach geteilt werden, etwa an der Wand im Büro. Das ganze Team kann sich darüber austauschen. So wird die Diskussion auch über Abteilungen hinweg gefördert.
  • Zeichnen beherrscht prinzipiell jeder – anders als den Umgang mit Software-Tools. Da es nicht um Schönheit geht, ist die einzige Hürde die eigene Skepsis und Angst vor dem Zeichnen.

Warum Hilfsmittel statt Freihandzeichnen?

Device Templates fürs Paper Prototyping

Ich persönlich nutze kaum Hilfsmittel beim Paper Prototyping. Ein weißes Blatt Papier, Stifte und vielleicht ein paar Post-Its reichen aus. So geht es sicherlich vielen, die häufiger mit UX-Design zu tun haben und regelmäßig zeichnen. Aber bei Weitem nicht jeden geht es so leicht von der Hand. Das Schöne am Paper Prototyping ist gerade, dass man auch Kollegen aus anderen Disziplinen einbinden kann, doch genau diese sind das Zeichnen häufig nicht gewohnt. Es ist notwendig, ihnen die Skepsis zu nehmen und sie zum Ausprobieren zu bewegen. Denn dann läuft es eigentlich immer gut. Und gerade dabei können Hilfsmittel helfen:

  • Die völlige Freiheit von Stift und Papier wirkt häufig überwältigend. Wo soll ich anfangen? Mit entsprechenden Vorlagen gibt es zumindest schon einen Kontext und einige vorgefertigte Elemente, die als Inspiration dienen.
  • Nicht-Designern fällt es häufig schwer, die Proportionen richtig einzuschätzen. Wie breit ist der Screen? Wie groß muss dann ein Button sein? Was passt überhaupt nebeneinander? Vorlagen mit Pixelmaßen und Schablonen mit Interface-Elementen geben Antworten auf diese Fragen.
  • Paper Prototyping wird von manchen, gerade technischeren Kollegen schnell als „Bastelstunde“ abgetan, als unseriös und nicht zielführend. Der Einsatz von professionellen Hilfsmitteln zeigt, dass man es ernst meint und macht Eindruck. So kann man Akzeptanz fürs Zeichnen schaffen.
  • Vorlagen mit leeren Device-Rahmen fordern geradezu heraus, sie mit Inhalt zu füllen. Das kann motivierend wirken, gerade wenn es gleich mehrere Felder auf einem Blatt Papier gibt – dann möchte man auch die sechste und letzte Zeichnung noch schaffen. Mehr Ideen sind schließlich immer besser.

Wo gibt es Zeichenvorlagen und Device-Templates?

Gerade Zeichenmaterial in Form von vorgedruckten Sketchpads oder Zetteln gibt es in unglaublicher Fülle. Welches das Richtige ist kommt ganz auf den Kontext und persönliche Vorlieben an. Hilfreich sind häufig Device-Rahmen (etwa Browser, Tablet oder Smartphone) und ein Raster mit Pixelangaben.

Für wirklich hochwertige Vorlagen kann man auch viel Geld ausgeben. Hier sind einige käuflich zu erwerbende Sketchbooks und Sketchpads:

Mehr Auswahl gibt es bei den Vorlagen zum Ausdrucken, die eigentlich immer umsonst sind:

Generell mag ich Zettel bzw. Blöcke zum Abreißen lieber als Sketchbooks, denn diese kann man schlecht herumzeigen, an die Wand hängen oder auch einfach wegwerfen. Wer noch einen Schritt weitergehen möchte, kann natürlich auch eigene Vorlagen entwickeln, die perfekt auf die genauen Bedürfnisse zugeschnitten sind und sogar gebrandet werden können. Hier ein Beispiel des UX-Teams von Douglas:

Eine eigene Zeichenvorlage von Douglas

Welche Vorlagen für UI-Elemente kann man verwenden?

Auf den Zeichenvorlagen muss man natürlich trotzdem noch freihändig agieren. Aber auch dafür gibt es Hilfsmittel:

Sketchpad und Schablone von UI Stencils

Auch solche UI-Elemente kann man sich selber anfertigen: Man nimmt einfach das Wireframe- oder Prototyping-Tool der Wahl und druckt die entsprechenden Widgets aus – entweder auf normales Papier oder sogar auf selbstklebende Etiketten. Damit können dann sehr schnell einfache Wireframes zusammengelegt werden.

Paper Prototyping – einfach mal ausprobieren!

Egal wie man es genau anstellt – wichtig ist, dass man beim Paper Prototyping einfach loslegt und unbedingt auch die anderen Teammitglieder involviert. So fällt das generieren von Ideen und die Diskussion darüber gleich viel leichter. Und falls bei dem ein oder anderen Kollegen noch Skepsis vorhanden ist, können ihn die vorgestellten Hilfsmittel vielleicht überzeugen.

Wer sich weiter über das Paper Prototyping als Methode und das Zeichnen an sich informieren möchte, dem sei folgender Buchtipp ans Herz gelegt: Bill Buxtons „Sketching User Experiences“ sowie das zugehörige Workbook.

Zum Schluss noch mein herzlicher Dank an das UX-Team von Douglas für den interessanten Austausch zum Thema Paper Prototyping und einige der verwendeten Fotos.

Haben Sie schon Erfahrungen mit dem Zeichnen, alleine oder im Team gemacht? Kennen Sie vielleicht noch weitere gute Hilfsmittel? Teilen Sie diese gerne mit uns in den Kommentaren!

Portraitfoto: Jan Pohlmann

Jan Pohlmann

UX Designer

BMW AG

Bisher veröffentlichte Beiträge: 10

Ein Kommentar

  • Hallo,

    soso, das heißt jetzt also Paper Prototyping. Ich habe schon früher einfach Entwürfe meine Projekte gekritzelt, damit ich was zum Zeigen hatte.

    Wenn das jetzt sogar einen eigenen Namen hat, meinetwegen 🙂
    Ansonsten ist dies aber ein solide recherchierter Artikel.

    Viele Grüße,
    David Goebel

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