Wann welche Methode? – Jobs to be done im Vergleich

Eine Hand schreibt eine Liste in einem karierten Notizbuch

Vor einiger Zeit hat meine Kollegin Janine Fischer hier im Blog die Methode „Jobs to be done” (JTBD) vorgestellt. In diesem Beitrag möchte ich nun weiter auf die Methode eingehen und zwar hinsichtlich des Themas: Wann kann ich die Methode zielführend einsetzen? Was gibt es für Alternativen? Und wann macht es Sinn sich für eine zu entscheiden.

Kurzer Reminder: Was sind „Jobs to be done“?

Im Kern geht es darum, dass eine Person einen „Job“ zu erledigen hat. Die Methode zerlegt dieses Ziel (Job) in verschiedn Teilbereiche, um diesen Job zu erledigen. Dabei geht es darum zu verstehen, welche Entscheidungen zu treffen sind, welche Kompromisse ggf. zu machen sind und welche Motive oder Umstände diesen zugrunde liegen. Dabei wird zwischen drei Ebenen von „Jobs“ unterschieden: funktionalen, emotionalen und sozialen. So die Theorie, die vor allem auf Christensen und Ulwick zurückzuführen ist.

Jobs to be done oder Jobs to be done?

Dazu vielleicht noch folgende Anmerkungen:
In den vergangen Jahren ist ein gewisser Streit darüber entbrannt, wie genau die Theorie zu verstehen und anzuwenden ist und das nicht nur mit freundlicher, „wissenschaftlicher“ Kontroverse, sondern gern auch in den unteren Schubladen des Vokabulars geführt. Die beiden Hauptakteure scheinen dabei Tony Ulwick und Alan Klement zu sein. Ersterer – auf dessen Theorie ich mich auch im Weiteren beziehen werde – sieht die Unterschiede primär darin, dass in „seiner“ (und Christensens‘) Theorie Jobs mehrere Ebenen haben (funktional, emotional und sozial) und über die Zeit quasi konstant bleiben, während bei (seinem Kontrahenten) Klement Jobs einzig eine emotionale Komponente haben und veränderbar sind.
Um uns dem eigentlichen Thema dieses Artikels zu widmen, verweise ich zur Vertiefung der „Diskussion“ gerne auf die verschiedenen Interpretationsansätze der Methodik. Sie finden hier einen Ansatzpunkt: Know the two – very- different Interpretations of Jobs to be done (Alan Klement) und War on Jobs to be done (Tony Ulwick).

Wann kann ich JTBD einsetzen?

Nachdem wir uns nun mit den theoretischen Fragen von JTBD beschäftigt haben, wollen wir uns nun wieder mehr dem praktischen Teil widmen und der Frage nachgehen: Wie kann ich JTBD einsetzen?

Die Methode ist im Bereich der Anforderungsanalyse einsetzbar. Mittels Jobs to be done kann ermittelt werden, welche „Jobs“ (Anforderungen, Handlungen, Ziele) eine Person erfüllen muss und welche Schritte (oder anderen Jobs) erledigt werden müssen, um den Job erfolgreich zu beenden. JTBD eignet sich eigentlich in zwei verschiedenen Bereichen:

Beim Entwickeln neuer Produkte bzw. Services
und bei der Analyse bestehender Produkte/Services.

Bei ersterem, um zu verstehen welche Jobs die (potenziellen) Nutzer/Kunden zu erledigen haben und so das passende Produkt bzw. den passenden Service zu entwickeln, der das Erledigen dieses Jobs erleichtern, verbessern oder verkürzen kann. JTBD soll dabei unterstützen Probleme zu erkennen und Lösungen zu entwickeln.
Bei Weiterentwicklungen kann die Methode eingesetzt werden, indem man die Nutzung des eigenen Produktes analysiert und hinterfragt, inwiefern das eigene Produkt zur „Joberledigung“ beiträgt, oder ob es an den Bedürfnissen der Nutzer vorbei läuft.

Was gibt es für Alternativen und wann nehme ich (vielleicht) was?

„Jobs to be done“ verfolgt einen ähnlichen Research-Ansatz, wie andere Methoden: Auch hier wird auf qualitativen Research gesetzt. Die Anforderungen („Jobs“) werden beispielsweise durch qualitative Interviews extrahiert. Einen ähnlichen Ansatz findet man auch bei Personas, Mental Models und weiteren User Requirements Methoden.

Mit all diesen Methoden werden letztlich die gleichen Ziele verfolgt:

  • Zu verstehen, wie tickt mein Nutzer? Welche Bedürfnisse hat mein Nutzer?
  • Und in Konsequenz: Was kann ich dem Nutzer an Services/Produkten/Innovationen/Verbesserungen bieten, so dass er mein Produkt/Service in Anspruch nimmt?
      Um

    • … ein bestehendes Produkt zu verdrängen oder
    • … eine Lösung für ein Problem zu entwickeln oder
    • … ein neues Bedürfnis zu kreieren

Bei der Vielzahl an Methoden stellt sich natürlich die Frage: Welche nehme ich denn jetzt, wenn meine Ziele mit verschiedenen Methoden erreicht werden können? Und wie immer gibt es bei dieser Frage keine einfache Zauberformel, deshalb habe ich in der folgenden Tabelle einige Aspekte und Vor- und Nachteile von verschiedenen Methoden aufgelistet.

Auch wenn die Methoden hier nebeneinander dargestellt werden, sie können natürlich auch Hand in Hand gehen. Der ein oder andere mochte JTBD vielleicht schon als „die neuen Personas“ gefeiert haben, aber diese Ansicht greift deutlich zu kurz. JTBD vertritt schlicht einen anderen Research-Ansatz, als Personas (immer vorausgesetzt diese sind gut erhoben und beinhalten nicht nur demographische Daten). Verschiedene Methoden können immer auch miteinander kombiniert werden, um etwas aus unterschiedlichsten Perspektiven zu beleuchten.

So oder so, egal welche Methode Sie letzten Endes verwenden, all diese Methoden bringen Sie nur weiter, wenn sie auf fundiertem Research basieren! Ausgiebige, unvoreingenommene und professionelle Datenerhebung ist das Fundament all dieser Methoden, um hilfreiche und zielführende Erkenntnisse zu generieren.

Wie sind Ihre Erfahrungen mit den verschiedenen Methoden? Wann sollte man welche Methode einsetzen?

Portraitfoto: Joanna Oeding

Joanna Oeding

Team Lead UX & Principal UX Consultant

eresult GmbH

Bisher veröffentlichte Beiträge: 13

2 Kommentare

  • Hallo Joanna!

    Wir nutzen Jobs to Be Done sowohl intern als auch bei der Arbeit mit unseren Kunden und haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Auch die Kombination mit dem Value Proposition Canvas ist sehr hilfreich, allerdings hat das Canvas keine Bereich, in dem man den Kontext eines JTBD festhalten könnte, noch lassen sich Pains & Gains eindeutig zuordnen. (Personas finde ich persönlich weniger hilfreich, da sie sich eher an demographischen Merkmalen orientieren und nicht am zugrundeliegenden Customer Job).

    Mittlerweile nutzen wir eine sogenannte Job Map, mit deren Hilfe sich Jobs, Pains & Gains besser visualisieren lassen.

    Liebe Grüße
    Lars

    P.S.: Danke für den Link zu Alan Klements Blog-Eintrag zu den zwei Versionen von JTBD. Den kannte ich noch nicht.

    • Hallo Lars,

      vielen Dank für deinen spannenden Kommentar. Ich denke grundsätzlich hat JTBD sicherlich Vor-und Nachteile in der Nutzung. Aber eins kann ich dann doch nicht stehen lassen:
      Personas orientieren sich eigentlich gar nicht an demographischen Werten, bzw. sie sollten sich daran nicht orintieren. Personas orientieren sich eigentlich immer an bestimmten gemeinsamen Merkmalen, Verhaltensweisen oder Einstellungen. Die demographischen Daten sind dann eher ein Addon um eine bessere Identifikation herzustellen und der Persona ein „Gesicht“ zu geben.
      Vielleicht sind Personas unter diesen Voraussetzungen ja auch wieder ein interessanter Faktor 😉

      Viele Grüße
      Joanna

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