Empathy Map: die Persona-Alternative für agile Projekte

Ein gutes Beispiel für eine Empathy Map

Über Personas wurde in den letzten Beiträgen ausführlich berichtet. Sie eignen sich hervorragend, um Kunden und Nutzer besser zu verstehen und einzuordnen. Personas haben nur einen Nachteil, wenn man diesen als solchen benennen möchte: Personas zu kreieren dauert lange. Quantitative Befragungen, qualitative Befragungen – all dies ist notwendig für fundierte Personas und kann bei einer längeren Feldzeit auch mehrere Monate dauern. Wie passt das mit agilen Projekten zusammen und Designsprints, die nur auf eine oder zwei Wochen angelegt sind? Hier kommen die Empathy Maps ins Spiel. Sie verfolgen ein ähnliches Ziel wie Personas, sind aber deutlicher schneller zu erstellen.

Was ist eine Empathy Map?

Stellt sich zunächst die Frage, was ist eine Empathy Map überhaupt und was soll sie mir bringen? Wie der Name verrät besteht der Zweck der Empathy Map darin Empathie für den Nutzer, Kunden oder anderen relevanten Akteur zu erzeugen, indem Einblick in die Gedankenwelt und Wahrnehmung dieser Person gewährt wird. Anders als bei der Persona, bei der Objektivität als hohes Gut gilt, erhebt eine Empathy Map diesen Anspruch nicht. Sie entsteht im Workshop im Team, indem sich die Teammitglieder in die jeweilige Person hineinversetzen und aus deren Sicht Gefühle und Gedanken festhalten. In der klassischen Empathy Map wird aufgeführt, was die Person sieht, hört, denkt und sagt. Es gibt einige weiteren Aspekten, die in einer Empathy Map aufgenommen werden können wie

  • Was tut die Person?
  • Was fühlt die Person?
  • Wer oder was beeinflusst die Person?
  • Welche Ziele hat die Person oder was motiviert sie (Gains)?
  • Welche Probleme und Hindernisse hat die Person (Pains)?

Damit die Empathy Map nicht überfrachtet wird und das schnelle und einfache Tool bleibt, sollte man es bei insgesamt 4-6 Feldern pro Map belassen. Diejenigen, die mit Customer Journey Maps (CJM) vertraut sind, werden in der Auflistung einiges wiedererkennen. Hier ist es wichtig zwischen beiden Methoden zu unterscheiden. Die CJM versucht chronologisch und lückenlos die Journey des Nutzer nachzubilden, bei der Empathy Map werden nur stichpunktartig wichtige Ereignisse gesammelt.

Wie erstelle ich eine Empathy Map?

Bei der Erstellung werden anders als bei der Persona keine dicken Datenpakete ausgewertet, sondern sie sollten nach einem Workshop fertig sein. Dave Gray, der Erfinder der Empathy Maps, schreibt, dass 20 Minuten für einen ersten Entwurf einer Empathy Map ausreichen sollten. Welche Zeit hierbei natürlich nicht einfließt, ist die Zeit für die Vorbereitung. Damit die Empathy Maps gut die Kunden, Nutzer oder Stakeholder abbilden, sollten die Teammitglieder die zu beschreibenden Zielgruppen zumindest im Groben kennen. Die gemeinsame Sichtung von Web Tracking Daten oder Befragungsdaten oder vorab das Mithören von ein paar Nutzerinterviews helfen ein grundlegendes gemeinsames Verständnis der Nutzer zu schaffen.

Zu Beginn des Workshops wird der Fokus der Empathy Maps festgelegt. Sollen Sie den Nutzer/Kunden/Akteur allgemein beschreiben oder spezifisch in einer bestimmten Situation (z. B. am Arbeitsplatz)? Soll ein Thema zugrunde gelegt werden (z. B. Buchung einer Reise) oder nicht? Für welche Personen soll eine Empathy Map angefertigt werden (z. B. Erstnutzer meiner Anwendung)?
Auf dem Whiteboard oder dem Flipchart wird die leere Empathy Map mit den vorab definierten Aspekten skizziert und in die Mitte die Person eingetragen, um die sich die Map dreht. Gemeinsam versetzen sich die Workshop-Teilnehmer in die jeweilige Person, diskutieren deren Verhalten und Gedanken und überlegen sich wie die Person, die einzelnen Felder der Map aus ihrer Sicht füllen würde (siehe Abbildung 1).

Best Practice Beispiel für eine Ergebnissammlung

Abb. 1: So sehen Ergebnisse aus einem Empathy Map Workshop bei IBM aus (Quelle: Sarah Plantenberg unter https://www.ibm.com/devops/method/content/think/practice_empathy_maps/)

  • Sehen: Was sieht die Person an einem typischen Tag oder in einer spezifischen Situation? Dies kann eine Beschreibung der physischen Umgebung sein, z. B. wie der Arbeitsplatz aufgebaut ist, aber auch andere Personen, die sich im Umfeld befinden. Auch Informationen und Ressourcen, die die Person wahrnimmt und nutzt, können hier aufgeführt sein (z. B. Programme, Webseiten, Werbung).
  • Hören: Was hört die Person? Auch hier kann die Umgebung anhand der akustischen Eindrücke beschrieben werden, wie Straßenlärm oder Gemurmel der Kollegen im Hintergrund. Aber auch gezielte Informationen wie Ausschnitte aus Gesprächen oder typische Statements aus dem Umfeld können hier in die Map einfließen.
  • Handeln: Was tut und sagt die Person? In diesem Feld können typische Handlungen oder Aussagen festgehalten werden oder zielgerichtete Aussagen zu einem Produkt oder in einer Situation. Dieser Teil der Empathy Map schildert die Außenwirkung der Person und kann auch enthalten wie die Person von anderen wahrgenommen wird (z. B. selbstbewusste Macherin).
  • Denken und Fühlen: Welche Gedanken und Gefühle hat die Person? Hier kann es wieder allgemein um zentrale Gedanken der Person gehen oder man bezieht diese auf eine konkrete Situation oder ein Produkt. Dieser Teil erlaubt einen Einblick ins Innenleben der Person und hebt sich damit von klassischen Personas ab, da es in Interviews schwer ist, die inneren Zustände der Probanden abzufragen oder abzuleiten. So schön dieser Einblick ist, umso sehr muss man bei der Erstellung aufpassen die Sicht der Person beizubehalten und nicht die eigene Gedankenwelt aufzuschreiben.

Eine andere Option als das gemeinsame Sammeln am Flipchart ist die Ausgabe mehrerer DIN-A4-Maps. Diese werden in Einzelarbeit oder in kleinen Teams ausgefüllt und anschließend im Plenum zusammengetragen (siehe Abbildung 2). Eine große Auswahl an Empathy Maps Templates findet man unter: https://de.pinterest.com/pin/101471797827904605/

Praxisbeispiel für Empathy Map

Abb. 2: Empathy Map für einen Leser des usabilityblogs.

Wann kann eine Empathy Map eingesetzt werden und wo liegen ihre Grenzen?

Empathy Maps sind quasi die low-fidelity Variante von Personas mit eigenen Nachteilen und Vorzügen. Soll es schnell gehen und möchte man ein einzelnes Team darauf einspielen, sich in die Nutzer hinein zu versetzen – steht also der Prozess nicht das Ergebnis im Vordergrund – sind Empathy Maps die richtige Wahl. Möchte man valide Abbildungen der Kunden und Nutzer aufbauen, mit denen mehrere Teams und Abteilungen arbeiten, sollte man dies auf eine stabile Datenbasis stellen und Personas bilden. Ein weiterer Vorteil von Empathy Maps betrifft ihren Umfang. Mit Handlungen (Aktionen), Gains und Pains können wie oben aufgeführt in der Empathy Map auch Merkmale einer Customer Journey Map enthalten sein, die üblicherweise nicht in Personas inkludiert sind. Aber auch hier muss man abgrenzen. In einer Empathy Map können nur die wichtigsten Aktionen, Probleme und Ziele aufgenommen werden. Möchte man die Journey exhaustiv, chronologisch und detailliert dargestellt haben und auf validen Daten beruhend, sollte man der Customer Journey Map den Vorzug geben. Insgesamt sind Empathy Map die Methode der Wahl, wenn es schnell gehen muss und es das vorrangige Ziel ist, die Teammitglieder für den Nutzer zu sensibilisieren. Sind ausreichend Zeit und Budget vorhanden, schlagen allerdings die objektiven und datengetriebenen Methoden Persona und CJM die Empathy Map.

Portraitfoto: Marie Jana Tews

Marie Jana Tews

Senior User Experience Consultant

Alumni-eresult GmbH

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